Böhm (Regiemitarbeit)
Paulus Hochgatterer
Uraufführung
Schauspielhaus Graz
2018

NESTROY Nominierung 2018 (Beste Bundesländer-Aufführung)

Mit Nikolaus Habjan
Regie Nikolaus Habjan
Bühne Julius Theodor Semmelmann
Kostüm Cedric Mpaka
Licht Thomas Trummer
Dramaturgie Elisabeth Geyer
Fotos Lupi Spuma

Pressestimmen:

Net lach’n – spielen, meine Herren!
„Böhm“ heißt das am Donnerstag im Grazer Schauspielhaus aus der Taufe gehobene Stück, ein von Paulus Hochgatterer brillant zurechtgeschnittener, tiefenscharfer Text. Abrechnung mit der Nazi-Vergangenheit des Dirigenten? Die schleicht sich ein unter einer Folie aus Anekdotischem und umwerfend-bärbeißigem Grant. Da sind fiktive Gespräche mit Nazi-„Impresarii“ ebenso drin wie jenes denkwürdige Flughafen-Interview mit Karl Löbl, das Böhms Abgang als Staatsoperndirektor 1956 zumindest nicht verlangsamt hat. […] Jubel für Paulus Hochgatterer und Nikolaus Habjan, aber auch fürs Team, aus dem Habjan vor allem die Co-Regisseurin Martina Gredler besonders hervorhob. Eine so dichte, zwischen politischem Anspruch und Humor wohl abgewogene Produktion kann nur im Teamwork gelingen.
DrehPunktKultur (Reinhard Kriechbaum)

Habjans begnadete Ein-Mann-Show
Es sind atemberaubende eindreiviertel Stunden, zu denen Nikolaus Habjan ins Grazer Schauspielhaus lädt. Der Regisseur, Puppenspieler und Schauspieler verleiht Paulus Hochgatterers präzisem Text „Böhm“ eine Tiefe, die sonst eher die von Karl Böhm dirigierten Werke erreichen. […] Nikolaus Habjan zeigt als Schauspieler, Puppenspieler und Regisseur eine facettenreiche Auseinandersetzung mit Karl Böhm. […] Den faszinierenden, klugen und erstaunlich vielschichtigen Abend hat Habjan gemeinsam mit Martina Gredler inszeniert, die wandelbare Bühne stammt von Julius Theodor Semmelmann, die Kostüme steuerte Cedric Mpaka bei. Ein Theatererlebnis, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte.
Kronen Zeitung (Michaela Reichart)

Tanz auf dem Vulkan der Geschichte
In Graz zeigt der phantastische Nikolaus Habjan ein Stück über einen verrufenen Sohn der Stadt. […] Zu Beginn jedenfalls sitzt der alte Mann allein auf der wunderbar von Julius Theodor Semmelmann als Sammelsurium von Fünfziger-Jahre-Kommoden aus Wurzelholz, selbstverständlich mit Uhren und Weckern vollgestellt, umgebenen Vorderbühne in seinem Rollstuhl. […] Er [Nikolaus Habjan] bringt sogar […] knapp einen Meter große marionettenartige Puppen zum Einsatz und zeigt dabei seine Virtuosität in der Verwendung der unterschiedlichsten Zungenschläge: vom rumänischen Helfer über das näselnde Schönbrunnerdeutsch-Wienerisch Böhms bis hin zum sächselnden Reichsgaumusikbeauftragten. Dabei gelingt ihm, was nur den besten Puppenspielern – noch dazu hat Habjan mit Hilfe von Marianne Meinl alle Puppen selbst angefertigt, und die Lebensähnlichkeit der Pappmachékameraden wird immer größer – glückt: Nach kaum einer Schrecksekunde vergisst man, dass man Puppen vor sich sieht. Und am Ende dieses erstaunlichen, geglückten, minutenlang frenetisch beklatschten Abends hat Habjan doch noch Böhm vom Sockel gestoßen. Ein gleichzeitig beklemmendes und befreiendes Bild.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (Martin Lhotzky)

Der fahle Maestro
Das Bühnenbild (Julius Theodor Semmelmann) ist ein Geviert aus braunen Kommoden. Sehr witzig sind die Szenen, in denen der autoritäre, pedantische Böhm auf der Probe den jungen Walter Berry schikaniert oder einen Musiker zur Schnecke macht. […] Der begnadete Stimmenimitator und Komödiant Habjan ist hier ganz in seinem Element. Obwohl er sich selbst hauptsächlich als Regisseur versteht, zeigt sich Habjans Meisterschaft auch diesmal in seiner Performance. […] Von Böhm gibt es mehrere Puppenversionen, am gespenstischsten ist jene Szene, in der bloß der silbrig-fahle Schädel des Dirigenten zum Einsatz kommt, den Habjan sich vor den Kopf hält. Den stärksten Eindruck aber hinterlässt der alte Mann, der gebrechlich in seinem Rollstuhl kauert, durch dicke Brillen blickt und sich mit seinem rumänischen Pfleger und dessen kleiner Schwester unterhält.
Süddeutsche Zeitung (Wolfgang Kralicek)